The Project Gutenberg EBook of Hinzelmeier, by Theodor Stein Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the copyright laws for your country before downloading or redistributing this or any other Project Gutenberg eBook. This header should be the first thing seen when viewing this Project Gutenberg file. Please do not remove it. Do not change or edit the header without written permission. Please read the "legal small print," and other information about the eBook and Project Gutenberg at the bottom of this file. Included is important information about your specific rights and restrictions in how the file may be used. 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We are releasing two versions of this Etext, one in 7-bit format, known as Plain Vanilla ASCII, which can be sent via plain email-- and one in 8-bit format, which includes higher order characters-- which requires a binary transfer, or sent as email attachment and may require more specialized programs to display the accents. This is the 8-bit version. This book content was graciously contributed by the Gutenberg Projekt-DE. That project is reachable at the web site http://gutenberg.spiegel.de/. Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE" zur Verfuegung gestellt. Das Projekt ist unter der Internet-Adresse http://gutenberg.spiegel.de/ erreichbar. Hinzelmeier beim Theodor Storm Eine nachdenkliche Geschichte Die weisse Wand Der Zipfel Die Rose Krahirius Der Eingang zum Rosengarten Ein Meisterschuss Die Rosenjungfrau Nachbars Kasperle Der Stein der Weisen Die weisse Wand In einem alten weitlaeufigen Hause wohnten Herr Hinzelmeier und die schoene Frau Abel: sie waren nun schon ins zwoelfte Jahr verheiratet, ja die Leute in der Stadt zaehlten ihnen nach, dass sie zusammen schon fast an die achtzig Jahre auf dem Nacken haetten und noch immer waren sie jung und schoen und hatten weder ein Faeltchen vor der Stirn, noch ein Hahnepfoetchen unter den Augen. Dass dies nicht mit rechten Dingen zugehe, war nun freilich klar genug und wenn die Hinzelmeierschen aufs Tapet kamen, so tranken die Stadtkaffeetanten drei Naepfchen mehr als am ersten Ostersonntagnachmittage. Die Eine sagte: "Sie haben einen Jungbrunnen im Hofe!" Die Andere sagte: "Es ist eine Jungfernmuehle!" Die Dritte sagte: "Ihr Bube, das Hinzelmeierlein, ist mit einer Glueckshaube auf die Welt gekommen und nun tragen die Alten sie wechselweise, Nacht um Nacht!" Das kleine Hinzelmeierlein dachte nun freilich nicht dergleichen; es kam ihm im Gegenteil ganz natuerlich vor, dass seine Eltern immer jung und schoen waren; aber gleichwohl bekam auch er sein Nuesschen, das er vergeblich zu knacken suchte. Eines Herbstnachmittags, da es schon gegen das Zwielicht ging, sass er in dem langen Korridor des oberen Stockwerks und spielte Einsiedler; denn weil die silbergraue Katze, welche sonst bei ihm zur Schule ging, eben in den Garten hinabgeschlichen war, um nach den Buchfinken zu sehen, so hatte er mit dem Professorspiel fuer heute aufhoeren muessen. Er sass nun als Einsiedler in einem Winkel und dachte sich Allerhand, wohin wohl die Voegel floegen und wie die Welt draussen wohl aussehen moege und noch viel Tiefsinnigeres; denn er wollte der Katze darueber auf den andern Tag einen Vortrag halten--als er seine Mutter, die schoene Frau Abel, an sich voruebergehen sah. "Heisa, Mutter!" rief er; aber sie hoerte ihn nicht, sondern ging mit raschen Schritten an das Ende des Korridors; hier blieb sie stehen und schlug mit dem Schnupftuch dreimal gegen die weisse Wand. --Hinzelmeier zaehlte in Gedanken "eins"--"zwei" und kaum hatte er "drei" gezaehlt, als er die Wand sich lautlos oeffnen und seine Mutter dadurch verschwinden sah; kaum konnte der Zipfel des Schnupftuches noch mit hindurchschluepfen, so ging alles mit einem leisen Klapp wieder zusammen und der Einsiedler dachte nun auch noch darueber nach, wohin doch wohl seine Mutter durch die Wand gegangen sei. Darueber ward es allmaehlich dunkler und das Daemmern in seinem Winkel war schon so gross geworden, dass es ihn ganz verschlungen hatte, da machte es, wie zuvor, einen leisen Klapp, und die schoene Frau Abel trat aus der Wand wieder in den Korridor hinein. Ein Rosenduft schlug dem Knaben entgegen, wie sie an ihm vorueberstrich. "Mutter, Mutter!" rief er; aber er hielt sie nicht zurueck; er hoerte, wie sie die Treppe hinab und in das Zimmer des Vaters ging. Wo er am Vormittag sein Schaukelpferd an den messingenen Ofenknopf gebunden hatte. Nun hielt es ihn nicht laenger, er sprang durch den Korridor und ritt wie der Wind das Treppengelaender hinab. Als er ins Zimmer trat, war es voller Rosenduft und es schien ihm fast, als waere seine Mutter selber eine Rose, so leuchtend war ihr Antlitz. Hinzelmeier wurde ganz nachdenklich. "Liebe Mutter", sagte er endlich, "weshalb gehst du denn immer durch die Wand?" Und als Frau Abel hierauf verstummte, sagte der Vater: "Ei nun, mein Sohn, weil die anderen Leute immer durch die Tuer gehen." Das war dem Hinzelmeier schon einleuchtend; bald aber wollte er mehr erfahren. "Wohin gehst du denn, wenn du durch die Wand gehst", fragte er weiter, "und wo sind die Rosen?" Aber ehe er sich's versah, hatte der Vater ihn kopfueber aufs Schaukelpferd gestuelpt und die Mutter sang das schoene Lied: "Hatto von Mainz und Poppo von Trier Ritten zusammen aus Luenebier; Hatto hott hott! immer im Trott! Poppo hopp hopp! immer Galopp! Eins, zwei, drei! Zelle vorbei; Eins, zwei, drei, vier! Nun sind wir schon hier." "Bind es los! bind es los!" rief Hinzelmeier; und der Vater band das Roesslein vom Ofenknopf und die Mutter sang und der Reiter ritt hopp hinauf und hopp hinab und hatte bald alle Rosen und weissen Waende in der ganzen Welt vergessen. Der Zipfel Nun gingen manche Jahre hin, ohne dass Hinzelmeier eine Wiederholung des Wunders erlebt haette; er dachte daher auch ueberall nicht mehr daran, obgleich seine Eltern jung und schoen blieben, wie sie es immer gewesen waren und oftmals auch im Winter der wunderbare Rosenduft sie umgab. In dem einsamen Korridor des oberen Stockwerks war Hinzelmeier jetzt nur selten noch zu finden; denn die Katze war vor Alter gestorben und so war seine Schule aus Mangel an Schuelern von selber eingegangen. Es war ihm nun schon fast so, als muesste um einige Jahre der Bart zu wachsen anfangen; da ging er eines Nachmittags wieder in den alten Korridor hinauf, um die weissen Waende zu besichtigen, denn er wollte auf den Abend das beruehmte Schattenspiel "Nebukadnezar und sein Nussknacker" zur Auffuehrung bringen. In dieser Absicht war er an das Ende des Ganges gekommen und betrachtete die weisse Querwand von oben bis unten, als er zu seiner Verwunderung den Zipfel eines Schnupftuches daraus hervorhaengen sah. Er bueckte sich, um es genauer zu betrachten; in der Ecke stand: 'A.H.'; das konnte nichts anderes heissen als: 'Abel Hinzelmeier'; es war das Schnupftuch seiner Mutter. Nun fing's in seinem Kopfe an zu schnurren und die Gedanken arbeiteten rueckwaerts, weiter und weiter, bis sie bei dem ersten Kapitel dieser Geschichte ploetzlich Halt machten. Hierauf suchte er das Schnupftuch aus der Wand herauszuziehen, was ihm auch nach einem etwas schmerzhaften Experimente gluecklich gelang; dann schlug er, wie einst die schoene Frau Abel, dreimal mit dem Tuche gegen die Wand; und "eins--zwei--drei--!" tat sie sich lautlos von einander, Hinzelmeier schluepfte hindurch und stand--wohin er am wenigsten zu gelangen dachte--auf dem Hausboden. Aber es war nicht daran zu zweifeln; dort stand der Urgrossmutterschrank mit den wackelkoepfigen Pagoden, daneben seine eigne Wiege und weiterhin das Schaukelpferd, lauter ausgedientes Geraet; unter dem Balken laengs an eisernen Haken hingen wie immer des Vaters lange Maentel und Reisekragen und drehten sich langsam um sich selbst, wenn der Zug durch die offenen Bodenluken hereinstrich. "Sonderbar!" sagte Hinzelmeier, "warum ging die Mutter denn doch immer durch die Wand?" Da er indessen ausser den bekannten Gegenstaenden nichts bemerken konnte, so wollte er durch die Bodentuer wieder ins Haus hinabgehen. Allein die Tuer war nicht da. Er stutzte einen Augenblick und meinte anfaenglich, sich nur geirrt zu haben, weil er von einer anderen Seite, als gewoehnlich, hinaufgelangt war. Er wandte sich daher und ging zwischen die Maentel durch nach dem alten Schranke, um sich von hier aus zurechtzufinden; und richtig! dort gegenueber war die Tuer; er begriff nicht, wie er sie hatte uebersehen koennen. Als er aber darauf zuging, erschien ihm ploetzlich wieder alles so fremd, dass er zu zweifeln begann, ob er auch vor der rechten Tuer stehe. Allein so viel er wusste, gab es hier keine andere. Was ihn am meisten verwirrte, war, dass die eiserne Klinke fehlte und auch der Schluessel abgezogen war, der sonst immer aufzustecken pflegte. Er legte daher sein Auge an das Schluesselloch, ob er vielleicht Jemanden auf der Treppe oder dem Vorplatz gewahren koenne, der ihn herabliesse. Zu seinem Erstaunen sah er aber nicht auf die dunkle Treppe, sondern in ein helles, geraeumiges Zimmer, von dessen Dasein er bisher keine Ahnung gehabt hatte. In der Mitte desselben gewahrte er einen pyramidenfoermigen Schrein, der von zwei goldschimmernden Tueren verschlossen und mit wunderlicher Schnitzarbeit verziert war. Hinzelmeier wusste nicht recht, ob das enge Schluesselloch seinen Blick verwirrte, aber es war ihm fast, als wenn die Gestalten der Schlangen und Eidechsen in der braunen Laubgirlande, welche sich an den Kanten hinunterzog, auf und ab raschelten, ja mitunter sogar die geschmeidigen Koepfe auf den Goldgrund der Tuer hinueberreckten. Dies alles beschaeftigte den Knaben so, dass er nun erst die schoene Frau Abel und ihren Eheherrn bemerkte, welche mit geneigtem Haupte vor dem Schreine niedergekniet waren. Unwillkuerlich hielt er den Atem an, um nicht bemerkt zu werden; und nun hoerte er die Stimmen seiner Eltern in leisem Gesange: Rinke, ranke, Rosenschein, Tu dich auf, du goldner Schrein! Tu dich auf und schliess uns ein, Rinke, ranke, Rosenschein! Waehrend des Gesanges erstarrte in dem Laubwerk das Leben des Gewuermes; die goldenen Tueren gingen langsam auf und zeigten in dem Innern des Schrankes einen kristallenen Becher, in welchem eine halberschlossene Rose auf schlankem Schafte stand. Allmaehlich oeffnete sich der Kelch; weiter und weiter, bis eins der schimmernden Blaetter sich abloeste und zwischen die Knieenden hinabfiel. Ehe es aber den Boden erreichte, zerstob es klingend in der Luft und fuellte das Gemach mit rosenrotem Nebel. Ein starker Rosenduft quoll durch das Schluesselloch; der Knabe presste sein Auge an die Oeffnung, aber er gewahrte nichts, als dann und wann ein Leuchten, das in der roten Daemmerung aufbrach und wieder verschwand. Nach einer Weile hoerte er Schritte an der Tuer; er wollte aufspringen, aber ein heftiger Schmerz an der Stirn raubte ihm die Besinnung. Die Rose Als Hinzelmeier aus der Betaeubung erwachte, lag er in seinem Bette; Frau Abel sass neben ihm und hielt seine Hand in der ihren. Sie laechelte, da er die Augen zu ihr aufschlug und der Abglanz einer Rose lag auf ihrem Antlitz. "Du hast zu viel erlauscht, um nicht noch mehr erfahren zu muessen", sagte sie. "Nur darfst du fuer heute dein Bett nicht verlassen; aber waehrenddessen will ich dir das Geheimnis deiner Familie mitteilen. Du bist jetzt gross genug, um es zu wissen." "Erzaehle nur, Mutter", sagte Hinzelmeier und legte den Kopf zurueck in die Kissen; und dann erzaehlte Frau Abel: "Weit von dieser kleinen Stadt liegt der uralte Rosengarten, von dem die Sage geht, er sei am sechsten Schoepfungstage mit erschaffen worden. Innerhalb seiner Mauer stehen tausend rote Rosenbuesche, welche nie zu bluehen aufhoeren; und jedes Mal, wenn in unserem Geschlechte, welches in vielen Zweigen durch alle Laender der Welt verbreitet, ein Kind geboren wird, springt eine neue Knospe aus den Blaettern. Jeder Knospe ist eine Jungfrau zur Pflegerin bestellt, welche den Garten nicht verlassen darf, bis die Rose von dem geholt worden, durch dessen Geburt sie entsprossen ist. Eine solche Rose, welche du vorhin gesehen hast, besitzt die Kraft, ihren Eigentuemer zeitlebens jung und schoen zu erhalten. Daher versaeumt denn nicht leicht Jemand, sich seine Rose zu holen; es kommt nur darauf an, den rechten Weg zu finden; denn der Eingaenge sind viele und oft verwunderliche. Hier fuehrt es durch einen dicht verwachsenen Zaun, dort durch ein schmales Winkelpfoertchen, mitunter"--und Frau Abel sah ihren Eheherrn, der eben ins Zimmer trat, mit schelmischen Augen an--"mitunter auch durch's Fenster!" Herr Hinzelmeier laechelte und setzte sich neben das Bett seines Sohnes. Dann erzaehlte Frau Abel weiter: "Auf diese Weise wird die groesste Zahl der Jungfrauen aus ihrer Gefangenschaft erloest und verlaesst mit dem Besitzer der Rose den Garten. Auch deine Mutter war eine Rosenjungfrau und pflegte sechzehn Jahre lang die Rose deines Vaters. Wer aber an dem Garten voruebergeht ohne einzukehren, der darf niemals dahin zurueck; nur der Rosenjungfrau ist es nach dreimal drei Jahren gestattet, in die Welt hinaus zu gehen, um den Rosenherrn zu suchen und sich durch die Rose aus der Gefangenschaft zu erloesen. Findet sie in dieser Zeit ihn nicht, so muss sie in den Garten zurueck und darf erst nach wiederum dreimal drei Jahren noch einmal den Versuch erneuern; aber Wenige wagen den ersten, fast Keine den zweiten Gang; denn die Rosenjungfrauen scheuen die Welt und wenn sie ja in ihren weissen Gewaendern hinausgehen, so gehen sie mit niedergeschlagenen Augen und zitternden Fuessen; und unter hundert solcher Kuehnen hat kaum eine einzige den wandernden Rosenherrn gefunden. Fuer diesen aber ist dann die Rose verloren; und waehrend die Jungfrau zu ewiger Gefangenschaft zurueckgegangen ist, hat auch er die Gnade seiner Geburt verscherzt und muss wie die gewoehnliche Menschheit kuemmerlich altern und vergehen.--Auch du, mein Sohn, gehoerst zu den Rosenherren und kommst du in die Welt hinaus, dann vergiss den Rosengarten nicht." Herr Hinzelmeier neigte sich zur Frau Abel und kuesste ihre seidenen Haare; dann sagte er, freundlich des Knaben andere Hand ergreifend: "Du bist jetzt gross genug! Moechtest du wohl in die Welt hinaus und eine Kunst erlernen?" "Ja", sagte Hinzelmeier, "aber es muesste eine grosse Kunst sein; so eine, die sonst noch niemand hat erlernen koennen!" Frau Abel schuettelte sorgenvoll den Kopf; der Vater aber sagte: "Ich will dich zu einem weisen Meister bringen, der viele Meilen von hier in einer grossen Stadt wohnt; da magst du dir selbst eine Kunst erwaehlen." Da war Hinzelmeier zufrieden. Einige Tage darauf packte Frau Abel einen grossen Koffer mit unzaehlig vielen Kleidern und Hinzelmeier selber legte noch ein Rasierzeug hinein, damit er den Bart, wenn er kaeme, sogleich wieder abschneiden koenne. Dann fuhr eines Tages der Wagen vor die Tuer und als die Mutter ihren Sohn zum Abschied umarmte, sagte sie unter Traenen zu ihm: "Vergiss die Rose nicht!" Krahirius Als Hinzelmeier ein Jahr bei dem weisen Meister gewesen war, schrieb er seinen Eltern, er habe sich nun eine Kunst erwaehlt, er wolle den? Stein der Weisen? suchen; nach zwei Jahren werde der Meister ihn lossprechen, dann wolle er auf die Wanderschaft und nicht eher zurueckkehren, als bis er den Stein gefunden habe. Dies sei eine Kunst, welche noch von Niemandem erlernt worden; denn auch der Meister sei eigentlich nur ein Altgesell, da der Stein noch keineswegs von ihm gefunden sei. Als die schoene Frau Abel diesen Brief gelesen hatte, faltete sie ihre Finger ineinander und rief: "Ach, er wird nimmer in den Rosengarten kommen! Es wird ihm gehen wie unseres Nachbarn Kasperle, der vor zwanzig Jahren ausgezogen und nimmer wieder nach Hause gekommen ist!" Herr Hinzelmeier aber kuesste die schoene Frau und sagte: "Er musste seinen Weg gehen! Ich wollte auch einmal den? Stein der Weisen? suchen und habe statt dessen die Rose gefunden." So blieb denn Hinzelmeier bei dem weisen Meister; und allmaehlich ging die Zeit herum.-Es war schon tief in der Nacht. Hinzelmeier sass vor einer qualmenden Lampe ueber einen Folianten gebueckt. Aber es wollte ihm heute nicht gelingen; er fuehlte es in seinen Adern klopfen und gaeren, es ueberfiel ihn eine Angst, als koenne ihm auf immer das Verstaendnis fuer die tiefe Weisheit der Formeln und Sprueche verloren gehen, welche das alte Buch bewahrte. Mitunter wandte er sein blasse Gesicht ins Zimmer zurueck und starrte gedankenlos in den Winkel, wo die graemliche Gestalt seines Meisters vor einem niedrigen Herde zwischen gluehenden Kolben und Tiegeln hantierte; mitunter, wenn die Fledermaeuse an den Scheiben vorueberstrichen, sah er verlangend in die Mondnacht hinaus, die wie ein Zauber draussen ueber den Feldern lag. Neben dem Meister kauerte die Kraeuterfrau am Boden. Sie hatte den grauen Hauskater auf dem Schoss und staeubte ihm sanft die Funken aus dem Pelz. Manchmal, wenn es so recht behaglich knisterte und das Tier vor angenehmem Grausen maunzte, langte der Meister liebkosend nach ihm zurueck und sagte hustend: "Die Katze ist die Genossin des Weisen!" Ploetzlich schon von aussen her, von der First des Daches, das unter dem Fenster lag, ein langgezogener, sehnsuechtiger Laut, wie dessen von allen Tieren nur die Katze und nur im Lenze maechtig ist. Der Kater richtete sich auf und krallte seine Klauen in die Schuerze des alten Weibes. Noch einmal rief es draussen. Da sprang das Tier mit einem derben Satz auf den Fussboden und ueber Hinzelmeiers Schultern durch die Scheiben ins Freie, dass die Glasscherben klingend hinterdrein stoben. Ein suesser Primelduft strich mit dem Zug ins Zimmer. Hinzelmeier sprang empor. "Es ist Fruehling, Meister!" rief er und warf seinen Stuhl zurueck. Der Alte senkte seine Nase noch tiefer in den Tiegel. Hinzelmeier ging auf ihn zu und packte ihn an der Schulter. "Hoert Ihr's nicht, Meister?" Der Meister griff sich in den graugemischten Bart und stierte den Jungen- bloed durch seine gruene Brille an. "Das Eis birst!" rief Hinzelmeier, "es laeutet in der Luft!" Der Meister fasste ihn ums Handgelenk und begann die Pulsschlaege zu zaehlen. "Sechsundneunzig!" sagte er bedenklich.--Aber Hinzelmeier achtete dessen nicht, sondern verlangte seinen Abschied; und noch in selber Stunde. Da hiess der Meister ihn Stab und Ranzen nehmen und trat mit ihm vor die Haustuer, von wo sie weit ins Land hineingehen konnten. Die unabsehbare Ebene lag in klarem Mondenlicht zu ihren Fuessen. Hier standen sie still; das Antlitz des Meisters war gefurcht von tausend Runzeln, sein Ruecken war gebeugt, sein Bart hing tief ueber seinen braunen Talar hinab; er sah unsaeglich alt aus. Auch Hinzelmeiers Gesicht war bloss, aber seine Augen leuchteten. "Deine Zeit ist um", sprach der Meister zu ihm. "Knie nieder, damit du losgesprochen werdest!" Dann zog er ein weisses Staebchen aus dem Aermel und dem Knieenden dreimal damit den Nacken beruehrend, sprach er: "Das Wort ist gegeben Unter die Geister; Ruf es ins Leben, So bist du der Meister. Vorhanden ist es in keinem Reich. Es ist ein Name, ein Dunst; Finden und schaffen zugleich, Das ist die Kunst!" Dann hiess er ihn aufstehen. Ein Froesteln durchfuhr den Juengling, als er in das greise, feierliche Angesicht des Meisters blickte. Er nahm Stab und Ranzen vom Boden und wollte von dannen gehen, aber der Meister rief: "Vergiss den Raben nicht!" Er griff mit der hageren Faust in seinen Bart und riss ein schwarzes Haar heraus. Das blies er durch die Finger; da schwang es sich als Rabe in die Luft. Nun schwenkte er den Stab im Kreise um sein Haupt und wie er schwenkte, flog der Rabe; dann streckte er den Arm aus und der Vogel setzte sich auf seine Faust. Hierauf hob er die gruene Brille von seiner Nase; und waehrend er sie auf des Raben Schnabel klemmte, sprach er: "Wege sollst du weisen, Krahirius sollst du heissen!-- Da schrie der Rabe: "krahira! krahira!" und huepfte mit ausgespreizten Fluegeln auf Hinzelmeiers Schulter. Der Meister aber sprach zu diesem: "Wanderspruch und Wanderbuch Hast du nun; und nun genug!" Dann wies er mit dem Finger in das Tal hinab, wo der unendliche Weg ueber die Ebene lief und waehrend Hinzelmeier, mit dem Reisehute gruessend, in die Fruehlingsnacht hinausging, schwang Krahirius sich auf und flog zu seinen Haeupten. Der Eingang zum Rosengarten Die Sonne stand schon hoch am Himmel. Hinzelmeier hatte einen Richtweg ueber ein Feld mit gruener Wintersaat eingeschlagen, das sich unabsehbar vor ihm ausdehnte. Zu Ende desselben fuehrte der Steig durch eine Oeffnung des Walles auf einen geraeumigen Platz hinaus und Hinzelmeier stand vor den Gebaeuden eines grossen Bauernhofes. Es hatte zuvor geregnet; nun dampften die Strohdaecher in der herben Fruehlingssonne. Er stiess seinen Wanderstab in den Boden und blickte zum First des Wohnhauses hinauf, wo ein Volk von Sperlingen sein Wesen trieb. Ploetzlich sah er aus einem der beiden weissen Schornsteine eine glaenzende Scheibe in die Luft steigen, sich langsam im Sonnenscheine wenden und darauf wieder in den Schornstein hinabfallen. Hinzelmeier zog seine Taschenuhr hervor. "Es ist Mittag!" sagte er, "sie backen Eierkuchen."--Ein lieblicher Duft verbreitete sich; und wieder stieg ein Eierkuchen in den Sonnenschein hinauf und sank nach einer kurzen Weile in den Schornstein zurueck. Der Hunger meldete sich; Hinzelmeier trat ins Haus und gelangte ueber einen breiten Flur in eine hohe, geraeumige Kueche, wie solche in groesseren Gehoeften zu sein pflegen. Am Herde, auf dem ein helles Reisigfeuer brannte, stand eine staemmige Baeuerin und tat den Teig in die zischende Pfanne. Krahirius, der lautlos hintendrein geflogen war, setzte sich auf den Herdmantel, waehrend Hinzelmeier fragte, ob er fuer Geld und gute Worte eine Mahlzeit hier bekommen koenne. "Hier ist kein Wirtshaus!" sagte die Frau und schwang ihre Pfanne, dass der Eierkuchen prasselnd in den schwarzen Schlot hinauffuhr und erst nach einer ganzen Weile mit der Oberseite in die Pfanne zurueckklatschte. Hinzelmeier griff nach seinem Stecken, den er beim Eintritt an die Tuer gestellt hatte; allein die Alte fuhr mit der Gabel in den Eierkuchen und stuelpte ihn rasch auf eine Schuessel. "Nun, nun!" sagte sie, "so war es nicht gemeint; setz Er sich nur; hier ist just einer fertig." Dann schob sie ihm einen hoelzernen Stuhl an den Kuechentisch und setzte den dampfenden Kuchen nebst Brot und einem Kruge jungen Landweins vor ihn hin. Das liess Hinzelmeier sich gefallen und hatte bald die derbe Speise und ein gut Teil des festen Roggenbrots verzehrt. Dann setzte er den Krug an den Mund und tat einen herzhaften Zug auf die Gesundheit der Alten und dann zu seiner eigenen Gesundheit noch manchen anderen hinterher. Das machte ihn so vergnuegt, dass er ganz wie von selber zu singen anhub. "Er ist ja ein lustiger Mensch!" rief die Alte von ihrem Herde hinueber. Hinzelmeier nickte; ihm fielen auf einmal alle Lieder wieder ein, die er vor Zeiten im elterlichen Hause von seiner schoenen Mutter gehoert hatte. Nun sang er sie, eines nach dem andern: "Das macht, es hat die Nachtigall Die ganze Nacht gesungen; Da sind von ihrem suessen Schall, Da sind von Hall und Widerhall Die Rosen aufgesprungen. Sie war doch sonst ein wildes Blut, Nun geht sie tief in Sinnen; Traegt in der Hand den Sommerhut Und duldet still der Sonne Glut, Und weiss nicht, was beginnen. Das macht, es hat die Nachtigall Die ganze Nacht gesungen!"-- Da wurde in der Wand, dem Herde gegenueber, unter den Reihen der blanken Zinnteller, ein Schiebefensterchen zurueckgezogen und ein schoenes blondes Maedchen, es mochte des Hauswirts Tochter sein, steckte neugierig den Kopf in die Kueche. Hinzelmeier, der das Klirren der Fensterscheiben vernommen hatte, hoerte auf zu singen und liess seine Augen an den Waenden der Kueche umherwandern; ueber das Butterfass und die blanken Kaesekessel und ueber den breiten Ruecken der Alten bis an das offene Schiebefensterchen, wo sie an zwei anderen jungen Augen haengen blieben. Das Maedchen wurde ganz rot.--"Er singt schoen!" sagte sie endlich. "Es kam mir nur so", erwiderte Hinzelmeier. "Ich singe sonst gar nicht." Dann schwiegen beide eine Weile und man hoerte nur das Zischen der Pfanne und das Prasseln der Eierkuchen. "Caspar singt auch schoen!" hub das Maedchen wieder an. "Freilich wohl!" meinte Hinzelmeier. "Ja", sagte das Maedchen, "aber so schoen wie Er macht er's doch nicht. Wo hat Er denn das schoene Lied her?" Hinzelmeier antwortete nicht darauf, sondern trat auf einen umgestuerzten Zuber, der unter dem Schiebefenster stand und sah an dem Maedchen vorbei in die Kammer. Drinnen war voller Sonnenschein. Auf den roten Fliesen der Diele lagen die Schatten von Nelken- und Rosenstoecken, welche seitwaerts vor einem Fenster stehen mochten. Ploetzlich wurde im Hintergrund der Kammer eine Tuer aufgerissen. Der Fruehlingswind brauste herein und riss dem Maedchen ein blauseidenes Band von der Riegelhaube; dann fahr er durchs Schiebefenster und trieb seine Beute kreiselnd in der Kueche umher. Hinzelmeier aber warf seinen Hut danach und fing es wie einen Sommervogel. Das Fenster war ein wenig hoch. Er wollte es dem Maedchen hinauflangen, sie bueckte sich zu ihm heraus; da fahren beide mit den Koepfen aneinander, dass es krachte. Das Maedchen schrie; die Zinnteller klirrten, Hinzelmeier wurde ganz konfus. "Er hat einen gar wackeren Kopf!" sagte das Maedchen und wischte sich mit ihrer Hand die Traenen von den Wangen. Als aber Hinzelmeier sich das Haar aus der Stirn strich und ihr herzhaft ins Gesicht schaute, da schlug sie die Augen nieder und fragte: "Er hat sich doch kein Leid's getan?" Hinzelmeier lachte. "Nein, Jungfer!" rief er--er wusste selbst nicht, wie es ihm auf einmal einfallen musste--"nehm Sie mir's nicht uebel, aber Sie hat gewiss schon einen Schatz?" Sie setzte die Faust unters Kinn und wollte ihn trotzig ansehen, aber ihre Augen blieben an den seinen haengen. "Er faselt wohl", sagte sie leise. Hinzelmeier schuettelte den Kopf; es wurde ganz still zwischen den Beiden. "Jungfer!" sagte nach einer Weile Hinzelmeier, "ich moechte Ihr das Band in die Kammer bringen!" Das Maedchen nickte. "Wo geht denn aber der Weg?" Es klang ihm in den Ohren: "Mitunter auch durchs Fenster!"--Das war die Stimme seiner Mutter. Er sah sie an seinem Bette sitzen; er sah sie laecheln; es war ihm ploetzlich, als stehe er in einem rosenroten Nebel, der aus dem offenen Schiebefenster in die Kueche hereinzog. Er trat wieder auf den Zuber und legte seine Haende um den Nacken des Maedchens. Da sah er durch die offene Kammertuer in einen Garten, darinnen standen die bluehenden Rosenbuesche wie ein rotes Meer und in der Ferne sangen kristallne Maedchenstimmen: "Rinke, ranke, Rosenschein, Tu dich auf und schliess uns ein!"-- Hinzelmeier draengte das Maedchen sanft in die Kammer zurueck und stemmte die Haende auf das Fensterbrett, um sich mit einem Satz hineinzuschwingen; da hOerte er es: "krahira, krahira!" ueber seinem Kopfe schwirren; und ehe er sich's versah, liess der Rabe die gruene Brille aus der Luft und gerade auf seine Nase fallen. Nur wie im Traume sah er noch das Maedchen die Arme nach ihm ausstrecken; dann war auf einmal alles vor seinen Augen verschwunden; aber in weiter Ferne sah er durch die gruenen Glaeser eine dunkle Gestalt in einem tiefen Felsenkessel sitzen, welche mit einem Stemmeisen eifrig in den Grund zu bohren schien. Ein Meisterschuss "Der sucht den Stein der Weisen!" dachte Hinzelmeier; und seine Wangen begannen zu brennen; er schritt wacker auf die Erscheinung los; aber es war weiter, als es durch die Brillenglaeser aussah; er rief dem Raben, der musste mit seinen Fluegeln ihm die Schlaefe faecheln. Erst nach Stunden hatte er den Grund der Schlucht erreicht. Nun sah er eine schwarze, rauhe Gestalt vor sich, die hatte zwei Hoerner an der Stirn und einen langen Schwanz, den liess sie hinter sich ueber das Gestein hinabhaengen. Bei Hinzelmeiers Ankunft nahm sie das Stemmeisen zwischen die Zaehne und begruesste ihn mit dem verbindlichsten Kopfnicken, waehrend sie mit der Schwanzquaste den Bohrstaub zusammenfegte. Hinzelmeier wurde fast um die Anrede verlegen, deshalb nickte er jedesmal mit gleicher Verbindlichkeit wieder, so dass also diese Komplimente von beiden Seiten eine Zeitlang fortdauerten. Endlich sagte der Andere: "Sie kennen mich wohl nicht?" "Nein", sagte Hinzelmeier. "Sind Sie vielleicht ein Pumpenmeister?" "Ja", sagte der Andere, "so etwas aehnliches; ich bin der Teufel." Das wollte Hinzelmeier nicht glauben; aber der Teufel sah ihn mit zwei solchen Eulenaugen an, dass er am Ende gruendlich ueberzeugt wurde und ganz bescheiden sagte: "Duerfte ich mir die Frage erlauben, ob Sie mit diesem ungeheueren Loche ein physikalisches Experiment beabsichtigen?" "Kennen Sie die ultima ratio regum?" fragte der Teufel. "Nein", sagte Hinzelmeier. "Die ratio regum hat nichts mit meiner Kunst zu schaffen." Der Teufel kratzte sich mit dem Pferdehuf hinter den Ohren und sagte dann, einen ueberlegenen Ton annehmend: "Mein Kind, weisst du, was eine Kanone ist?" "Freilich", sagte Hinzelmeier laechelnd; denn das ganze hoelzerne Arsenal aus seiner Knabenzeit sah er ploetzlich im Geiste vor sich aufgepflanzt. Der Teufel klatschte vor Vergnuegen mit seinem Schwanze auf den Felsen. "Drei Pfund Schiesspulver, ein Fuenkchen Hoellenfeuer dazu; dann--!" Hier steckte er die eine Tatze in das Bohrloch und indem er die andere auf Hinzelmeiers Schulter legte, sagte er vertraulich: "Die Welt ist unregierbar geworden. Ich will sie in die Luft sprengen." "Alle Wetter!" schrie Hinzelmeier, "das ist ja aber eine Radikalkur, eine wahr Pferdekur!" "Ja", sagte der Teufel, "ultima ratio regum! versichere Sie, es gehoert eine uebermenschlich gute Natur dazu, um so etwas auszuhalten! Aber nun entschuldigen Sie ein Weilchen; ich muss ein wenig inspizieren." Mit diesen Worten zog er den Schwanz zwischen die Schenkel und sprang in das Bohrloch hinab. Da ueberfiel den Hinzelmeier auf einmal eine ganz uebernatuerliche Courage, so dass er bei sich beschloss, den Teufel aus der Welt zu schiessen. Mit fester Hand zog er seine Zunderbuechse aus der Tasche, pinkte Feuer und warf es in das Bohrloch; dann zaehlte er: "eins zwei--"; aber er hatte noch nicht "drei" gezaehlt, so entlud sich diese grundlose Pistole ihres Schusses samt ihrer Vorladung. Die Erde machte einen fuerchterlichen Seitensprung durch den Himmel. Hinzelmeier stuerzte in die Knie; der Teufel aber flog wie eine Bombe durch die Luft, von einem Planetensystem in das andere, wo ihn die Anziehungskraft unseres Weltkoerpers nicht mehr erreichen konnte. Hinzelmeier blickte ihm eine Weile nach; als er aber immer weiter und weiter flog und gar nicht damit aufhoeren wollte, so gingen ihm endlich die Augen ueber. Sobald daher die Erde sich insoweit beruhigt hatte, dass mit zwei Beinen wieder auf ihr zu stehen war, sprang er auf und blickte um sich her. Zu seinen Fuessen gaehnte ihn der schwarze ausgebrannte Moerser an; von Zeit zu Zeit quoll eine Wolke braunen Rauchs heraus und zog sich traege an den Felsen hin. Aber schon brach die Sonne durch den Dunst und vergoldete ueberall die Spitzen des Gesteins. Da nahm Hinzelmeier seine Tabakspfeife aus der Tasche und die blauen Wolken vor sich hinblasend, rief er triumphierend: "Den Stein des Anstosses habe ich aus der Welt geschossen; wohlan! der Stein der Weisen kann mir nicht entgehen!" Dann setzte er seine Wanderung fort und Krahirius flog zu seinen Haeuptern. Die Rosenjungfrau Aber er wanderte hin und her, kreuz und quer, er wurde mueder und mueder, sein Ruecken wurde gekruemmt; aber immer fand er doch den Stein der Weisen nicht. So waren neun Jahre dahingegangen, als er eines Abends in ein Wirtshaus einkehrte, welches am Eingange einer grossen Stadt gelegen war. Krahirius nahm sich mit der Klaue die Brille herunter und putzte sie an seinen Fluegeln; dann setzte er sie wieder auf und huepfte in die Kueche. Als die Hausleute ihn sahen, lachten sie ueber seine Brille, nannten ihn? Herr Professor? und warfen ihm die fettsten Bissen vor. "Wenn Ihr der Herr des Vogels seid", sagte der Wirt zu Hinzelmeier, "so ist nach Euch gefragt worden." "Freilich bin ich das--" sagte Hinzelmeier. "Wie heisst Ihr denn?" "Ich heisse Hinzelmeier." "Ei, ei", sagte der Wirt, "Ihren Herrn Sohn, den Gemahl der schoenen Frau Abel, den kenne ich recht wohl." "Das ist mein Vater", sagte Hinzelmeier verdriesslich, "und die schoene Frau Abel ist meine Mutter." Da lachten die Leute und sagten, der Herr sei ausserordentlich spasshaft. Hinzelmeier aber sah vor Zorn in einen blanken Kessel. Da starrte ihm ein graemliches Angesicht entgegen, voll Runzeln und Hahnepfoetchen und er gewahrte nun wohl, dass er abscheulich alt geworden sei. "Ja. ja!" rief er und schuettelte sich, als gelte es aus einem schweren Traum zu kommen; "wo war es doch? Ich war ja dicht davor." Dann erkundigte er sich bei dem Wirte, wer nach ihm gefragt habe. "Es war nur eine arme Dirne", sagte der Wirt, "sie trug ein weisses Kleid und ging mit nackten Fuessen." "Das war die Rosenjungfrau!" rief Hinzelmeier. "Ja", antwortete der Wirt, "ein Straeussermaedel mag es wohl sein, sie hatte aber nur noch eine Rose in ihrem Koerbchen." "Wohin ist sie gegangen?" rief Hinzelmeier. "Wenn Ihr sie sprechen muesst", sagte der Wirt, "so werdet Ihr sie schon in der Stadt an einer Strassenecke finden koennen." Als Hinzelmeier das gehoert hatte, schritt er eilig zum Hause hinaus und in die Stadt hinein; Krahirius, die Brille auf dem Schnabel, flog kraechzend hinterher. Es ging aus einer Strasse in die andere und an allen Ecksteinen standen Blumenmaedchen; aber sie trugen plumpe Schnallenschuhe und boten schreiend ihre Ware feil. Das waren keine Rosenjungfrauen.--Endlich, als schon die Sonne hinter den Haeusern hinab war, gelangte Hinzelmeier an ein altes Haus, aus dessen offener Tuer ein zartes Leuchten auf die daemmerige Gasse herausdrang. Krahirius warf den Kopf zurueck und schlug aengstlich mit den Fluegeln; Hinzelmeier aber achtete dessen nicht und trat ueber die Schwelle in einen weiten Hausflur, der ganz von rotem Schimmer erfuellt war. Tief im Hintergrunde, auf der untersten Stufe einer Wendeltreppe, sah er ein blasses Maedchen sitzen; in einem Koerbchen, das sie auf ihrem Schosse hielt, lag eine rote Rose, aus deren Kelch das zarte Licht hervorbrach. Das Maedchen schien ermuedet; denn sie setzte eben die Lippen von einem irdenen Wasserkruge, der ihr von einem kleinen Knaben mit beiden Haenden vorgehalten wurde. Ein grosser Hund, der neben ihr an der Treppe lag und wie das Kind, hier zu Hause zu gehoeren schien, legte den Kopf an ihr weisses Gewand und leckte ihre nackten Fuesse.--"Das ist sie!" sagte Hinzelmeier; und seine Schritte wurden unsicher vor Hoffen und Erwarten. Und als die Jungfrau nun ihr Antlitz gegen ihn erhob, da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen und er erkannte mit einem Mal das Maedchen aus der Bauernkueche; nur trug sie heute nicht das bunte Nfieder und das Rot auf ihren Wangen war nur der Abglanz von dem Rosenlichte. "O du!" rief Hinzelmeier, "nun wird noch alles, alles gut!" Sie streckte die Arme nach ihm aus; sie wollte laecheln, aber die Traenen sprangen ihr in die Augen. "Wo ist Er denn so lange in der Welt umhergelaufen?" sagte sie. Und als er nun in ihre Augen sah, da erschrak er vor lauter Freude; denn dort stand sein eigenes Bild, aber kein Bild, wie es ihn kurz vorher aus dem kupfernen Kessel angeglotzt hatte; nein, ein Gesicht, so jung und frisch und lustig, dass er laut aufjauchzen musste; er haette es um alle Welt nicht lassen koennen.-Da quoll von der Strasse her ein Menschenstrom ins Haus, schreiend und mit den Haenden fechtend. "Hier steht der Herr des Vogels!" rief ein untersetztes Maennlein; dann drangen alle auf Hinzelmeier ein. Dieser fasste die Hand des Maedchens und fragte: "Was ist es mit dem Raben?" "Was es ist?" sagte der Dicke, "dem Herrn Buergermeister hat er die Peruecke gestohlen!"--"Ja, ja!" riefen Alle, "und nun sitzt es draussen auf der Dachrinne, das Ungetuem und hat die Peruecke in den Klauen und glotzt ihre Wohlweisheit durch seine gruenen Brillenglaeser an!" Hinzelmeier wollte reden, aber sie nahmen ihn in ihre Mitte und schoben ihn gegen die Tuer. Mit Schrecken fuehlte er die Hand der Rosenjungfrau aus der seinen gleiten. So kam er auf die Strasse. Droben auf der Dachrinne des Hauses sass noch immer der Rabe und sah mit seinen schwarzen Augen lauernd auf die aus dem Hause Kommenden hinab. Ploetzlich oeffnete er die Klaue; und waehrend die Buerger mit Stoecken und Schirmen nach der Peruecke ihres Buergermeisters in der Luft umherlangten, hoerte Hinzelmeier es "krahira, krahira!" ueber seinem Haupte schwirren und in demselben Augenblicke sass auch die gruene Brille schon auf seiner Nase. Da war auf einmal die Stadt vor seinen Augen verschwunden; aber durch die Brillenglaeser sah er zu seinen Fuessen ein gruenes Tal mit Meierhoefen und Doerfern. Sonnenbeschienene Wiesen zogen sich rings umher, auf welchen barfuessige Dirnen mit blanken Milcheimer durch das Gras schritten, waehrend in weiterer Entfernung von den Doerfern junge Kerle die Sense schwangen. Was aber Hinzelmeiers Augen fesselte, war die Gestalt eines Menschen in rot und weisser Bluse, mit einer spitzen Kappe auf dem Kopfe, welcher inmitten einer Wiese mit auf den Knien gestutzten Armen in nachdenklicher Stellung auf einem Steine zu sitzen schien. Nachbars Kasperle Da dachte Hinzelmeier: "Das ist der Stein der Weisen!" und ging geradewegs auf ihn zu. Der Mensch aber beharrte in seiner nachdenklichen Stellung, nur dass er zu Hinzelmeiers Erstaunen seine grosse Nase wie Gummi elasticum ueber das Kinn herabzog. "Ei, lieber Herr, was treibt Ihr denn da?" rief Hinzelmeier. "Das weiss ich nicht", sagte der Mann, "aber ich habe da eine verwuenschte Glocke an der Muetze, die mich abscheulich im Denken stoert." "Warum zupft Ihr Euch denn aber so entsetzlich an der Nase?" Oh", sagte der Mensch und liess den Nasenzipfel fahren, dass er mit einem Klapps wieder in seine alte Form zurueckschnellte--"da bitte ich um Entschuldigung; aber ich leide oftmals an Gedanken, denn ich suche den Stein der Weisen." "Mein Gott!" sagte Hinzelmeier, "da seid Ihr wohl, gar des Nachbars Kasperle; der gar nicht wieder nach Haus gekommen ist?" "Ja", sagte der Mensch und reichte Hinzelmeier die Hand, "der bin ich." "Und ich bin Nachbars Hinzelmeier", sagte dieser, "und suche auch den Stein der Weisen." Hierauf reichten sie sich noch einmal die Haende und kreuzten dabei die Finger auf eine Weise, woran sie sich gegenseitig als Eingeweihte erkannten. Dann sagte Kasperle: "Ich suche den Stein der Weisen jetzt nicht mehr." "Da reist Ihr vielleicht nach dem Rosengarten?" rief Hinzelmeier. "Nein", sagte Kasperle, "ich suche den Stein nicht mehr; aber ich habe ihn bereits gefunden." Da verstummte Hinzelmeier eine ganze Zeit lang; endlich faltete er andaechtig die Haende und sagte feierlich: "Es musste schon so kommen, ich wusste es wohl; denn ich habe vor neun Jahren den Teufel aus der Welt geschossen." "Das muss sein Sohn gewesen sein", sagte der Andere, "dem alten Teufel bin ich noch vorgestern begegnet." "Nein", sagte Hinzelmeier, "es war der alte Teufel; denn er hatte Hoerner vor der Stirn und einen Schwanz mit schwarzer Quaste. Aber erzaehlt mir doch, wie Ihr den Stein gefunden habt. "Das ist einfach", sagte Kasperle; "dort unten im Dorfe wohnen lauter dumme Leute, die nur mit Schafen und Rindvieh verkehren; sie wussten nicht, welchen Schatz sie besassen; da habe ich ihn in einem alten Keller gefunden und mit drei Sechslingen das Pfund bezahlt. Und nun denke ich bereits seit gestern darueber nach, wozu er nuetze sei und haette es vermutlich schon gefunden, wenn mich die verwuenschte Glocke nicht dabei gestoert haette." "Lieber Herr Kollege!" sagte Hinzelmeier, "das ist eine hoechst kritische Frage, woran vor Euch wohl noch kein Mensch gedacht hat! Aber wo habt Ihr denn den Stein?" "Ich sitze darauf", sagte Kasperle und zeigte aufstehend Hinzelmeiern den runden, wachsgelben Koerper, worauf er bisher gesessen hatte. "Ja", sagte Hinzelmeier, "es ist kein Zweifel, Ihr habt ihn wirklich gefunden; aber nun lasst uns bedenken, wozu er nuetze sei." Damit setzten sie sich einander gegenueber auf den Boden, indem sie den Stein zwischen sich nahmen und die Ellenbogen auf ihre Knie stuetzten. So sassen und sassen sie; die Sonne ging unter, der Mond ging auf und noch immer hatten sie nichts gefunden. Mitunter fragte der Eine: "Habt Ihr's" aber der Andere schuettelte immer mit dem Kopfe und sagte: "Nein, ich nicht; habt Ihr's?" und dann antwortete der Andere: "Ich auch nicht." Krahirius ging ganz vergnuegt im Grase auf und nieder und fing sich Froesche. Kasperle zupfte sich schon wieder an seiner schoenen, grossen Nase; da ging der Mond unter und die Sonne kam herauf; und Hinzelmeier fragte wieder: "Habt Ihr's?" und Kasperle schuettelte wieder den Kopf und sagte: "Nein, ich nicht, habt Ihr's?" und Hinzelmeier antwortete truebselig: "Ich auch nicht." Dann dachten sie wieder eine ganze Weile nach; endlich sagte Hinzelmeier: "So muessen wir erst die Brille polieren, dann werden wir hernach schon sehen, wozu er nuetze sei." Und kaum hatte Hinzelmeier seine Brille abgenommen, so liess er sie vor Erstaunen ins Gras fallen und rief: "Ich hab es! Herr Kollege, man muss ihn essen! Nehmt nur gefaelligst die Brille von Eurer schoenen Nase." Da nahm auch Kasperle die Brille herunter und nachdem er seinen Stein eine Weile betrachtet hatte, sagte er: "Dieses ist ein sogenannter Lederkaese und muss mit des Himmels Hilfe gegessen werden. Bedienen Sie sich, Herr Kollege!" Und nun zogen beide ihre Messer aus der Tasche und hieben wacker in den Kaese ein. Krahirius kam herbeigeflogen und nachdem er die Brille aus dem Grase aufgesammelt und ueber seinen Schnabel geklemmt hatte, setzte er sich gemaechlich zwischen die Essenden und schnappte nach den Rinden. "Ich weiss nicht", sagte Hinzelmeier, nachdem der Kaese verzehrt war, "mir ist unmassgeblich zumute, als waere ich dem Stein der Weisen um ein Erkleckliches naeher gerueckt." "Wertester Herr Kollege", erwiderte Kasperle, "Ihr sprecht mir aus der Seele. So lasst uns denn ungesaeumt unsere Wanderung fortsetzen." Nach diesen Worten umarmten sie sich; Kasperle ging nach Westen, Hinzelmeier nach Osten und zu seinen Haeupten, die Brille auf dem Schnabel, flog Krahirius. Der Stein der Weisen Aber er wanderte hin und her, kreuz und quer, sein Haar ergraute, seine Beine wurden wankend; am Stabe ging er von Land zu Land und immer fand er doch den Stein der Weisen nicht. So waren noch einmal neun Jahre vergangen, als er eines Abends, wie er es jeden Abend zu tun pflegte, in ein Wirtshaus trat. Krahirius putzte wie gewoehnlich seine Brille und huepfte dann in die Kueche um sich sein Abendbrot zu betteln. Hinzelmeier trat in die Stube und lehnte seinen Stab in die Kachelofenecke; dann setzte er sich still und muede in den grossen Lehnstuhl. Der Wirt stellte einen Krug Wein vor ihn hin und sagte freundlich: "Ihr scheint muede, lieber Herr; trinket nur, das wird Euch staerken!" "Ja", sagte Hinzelmeier und fasste den Krug mit beiden Haenden, "sehr muede; ich bin lange gewandert, sehr lange." Dann schloss er die Augen und tat einen durstigen Zug aus dem Weinkruge. "Wenn Ihr der Herr des Vogels seid, so glaube ich fast, es ist nach Euch gefragt worden", sagte der Wirt. "Wie heisst Ihr denn, lieber Herr?" "Ich heisse Hinzelmeier." "Nun", sagte der Wirt, "Euren Enkel, den Gemahl der schoenen Frau Abel, den kenne ich recht wohl." "Das ist mein Vater", sagte Hinzelmeier, "und die schoene Frau Abel ist meine Mutter." Der Wirt zuckte mit den Achseln und indem er sich nach seiner Schenke wandte, sagte er bei sich selber: "Der arme alte Mann ist kindisch geworden." Hinzelmeier liess den Kopf auf seine Brust sinken und erkundigte sich, wer nach ihm gefragt habe. "Es war nur eine arme Dirne", sagte der Wirt, "sie trug ein weisses Kleid und ging mit nackten Fuessen." Da laechelte Hinzelmeier und sagte leise: "Das war die Rosenjungfrau, nun wird es bald besser werden. Wohin ist sie gegangen?" "Es schien ein Blumenmaedchen zu sein", sagte der Wirt, "wenn Ihr sie sprechen wollt, Ihr werdet sie leicht an den Strassenecken finden koennen." "Ich muss ein Weilchen schlafen", sagte Hinzelmeier, "gebt mir eine Kammer und wenn der Hahn kraeht, dann klopft an meine Tuer." Nun gab der Wirt ihm eine Kammer und Hinzelmeier legte sich zur Ruhe. Er traeumte von seiner schoenen Mutter; er laechelte, sie sprach im Traum zu ihm. Da flog Krahirius durch das offene Fenster und setzte sich zu seinen Haeupten auf das Bett. Er straeubte seine schwarzen Federn und hackte mit seiner Klaue sich die Brille von dem Schnabel. Dann stand er unbeweglich auf einem Bein und sah auf den Schlafenden hinunter. Der traeumte weiter und seine schoene Mutter sprach zu ihm: "Vergiss die Rose nicht!" Der Schlafende nickte leise mit dem Kopfe; der Rabe aber oeffnete die Klaue und liess die Brille auf seine Nase fallen. Da verwandelten sich seine Traeume; seine eingefallenen Wangen begannen zu zucken, er streckte sich lang aus und stoehnte.--So kam die Nacht. Als im Zwielicht der Hahn gekraeht hatte, klopfte der Wirt an die Kammertuer; Krahirius reckte die Fluegel und zupfte seinen Federbalg zurecht; dann schrie er "krahira! krahira!" Hinzelmeier richtete sich muehsam auf und starrte um sich her; da sah er durch die Brille, die noch auf seiner Nase sass, zur Kammertuer hinaus, ueber ein weites, oedes Feld; dann weiterhin auf einen maehlich ansteigenden Huegel; auf diesem, unter dem Rumpfe einer alten Weide, lag ein grauer, flacher Stein; die Gegend war einsam, kein Mensch zu sehen. "Das ist der Stein der Weisen!" sagte Hinzelmeier zu sich selber. "Endlich, endlich wird er dennoch mein werden!" Hastig warf er seine Kleider ueber, nahm Stab und Ranzen und schritt zur Tuer hinaus. Krahirius flog zu seinen Haeupten, knappte mit dem Schnabel und schlug beim Fliegen Purzelbaeume in der Luft. So wanderten sie viele Stunden. Endlich schienen sie ihrem Ziele naeher zu kommen; aber Hinzelmeier war ermuedet, seine Brust keuchte, der Schweiss troff von seinen weissen Haaren; er stand still und stuetzte sich auf seinen Stab. Da kam aus der Ferne, hinter ihm, ganz aus der Ferne, fast wie ein Traum, ein Gesang zu ihm herueber: Rinke, ranke, Rosenschein, Lass ihn nicht allein, allein! Halt ihn fest und hol ihn ein, Rinke, ranke, Rosenschein. Das spann sich wie ein goldenes Netz um ihn her; er liess den Kopf auf seine Brust sinken; aber Krahirius schrie: "krahira! krahira!" da war das Lied verschollen und als Hinzelmeier die Augen wieder aufschlug, stand er am Fusse des Huegels. "Nur eine kleine Weile noch", sagte er zu sich selber und liess noch einmal seine mueden Fuesse wandern. Als er aber den grossen, breiten Stein allmaehlich in der Naehe sah, da dachte er: "Den wirst du nimmer heben." Endlich hatten sie die Hoehe erreicht, Krahirius flog voran mit ausgebreiteten Schwingen und liess sich auf den Baumstamm nieder; Hinzelmeier wankte zitternd hinterher. Als er aber den Baum erreicht hatte, brach er zusammen, der Wanderstab glatt aus seiner Hand, sein Kopf sank auf den Stein zurueck; doch in demselben Augenblick fiel auch die Brille von seiner Nase. Da sah er tief am Horizonte, am Rande der oeden Ebene, die er durchwandert hatte, die weisse Gestalt der Rosenjungfrau; und noch einmal hoerte er aus weiter Ferne: Rinke--ranke--Rosenschein. Er wollte aufstehen, aber er vermochte es nicht mehr; er streckte seine Arme aus, aber ein Froesteln lief ueber seine Glieder; der Himmel wurde grau und grauer, der Schnee fing an zu fallen, Flocke um Flocke, es schimmerte und flirrte und zog weisse Schleier zwischen ihm und der fernen, nebelhaften Gestalt. Er liess die Arme fallen, seine Augen sanken ein, sein Atem hoerte auf. Auf dem Weidenstumpf zu seinen Haeupten steckte der Rabe den Schnabel zum Schlaf in seine Fluegeldecken.--Der Schnee fiel ueber sie beide. Die Nacht kam und nach der Nacht kam der Morgen und mit dem Morgen kam die Sonne, die schmolz den Schnee hinweg und mit der Sonne kam die Rosenjungfrau; die loeste ihre Flechten und kniete neben dem Toten, dass die blonden Haare sein bleiches Antlitz ganz bedeckten und weinte, bis der Tag verging. Als aber die Sonne erlosch, gurrte der Rabe im Schlaf und rauschte mit den Federn. Da richtete die zarte Gestalt der Jungfrau sich vom Boden auf, mit ihrer weissen Hand ergriff sie den Raben bei den Fluegeln und schleuderte ihn in die Luft, dass er kraechzend in den grauen Himmel hineinflog, sie pflanzte die rote Rose an den Stein und sang dazu: "Nun streck die Wuerzlein tief hinab, Nun wirf die Blaettlein uebers Grab, Und singt der Wind im Abendschein, Dann sprich auch du ein Wort darein, Mit rinke, ranke, Rosenschein!" Dann zerriss sie ihr weisses Kleid vom Saum bis an den Guertel und ging zu ewiger Gefangenschaft in den Rosengarten zurueck. Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Hinzelmeier, von Theodor Storm. End of the Project Gutenberg EBook of Hinzelmeier, by Theodor Stein *** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK HINZELMEIER *** This file should be named 7hzlm10.txt or 7hzlm10.zip Corrected EDITIONS of our eBooks get a new NUMBER, 7hzlm11.txt VERSIONS based on separate sources get new LETTER, 7hzlm10a.txt Produced by Mike Pullen and Delphine Lettau. Project Gutenberg eBooks are often created from several printed editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not keep eBooks in compliance with any particular paper edition. We are now trying to release all our eBooks one year in advance of the official release dates, leaving time for better editing. 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